Berliner Denkmäler



Ausstellung in der Zitadelle Spandau 2016 im ZAK  „Enthüllt“

SPIEL- ODER STANDBEIN DER MACHT? – DIE HOHENZOLLERN
– Eine malerische Dokumentation der Siegesallee –

Spiel- oder Standbein der Macht – Die Beine der Hohenzollern

Im Jahr 1990 zog ich von Bremen nach Berlin und begann bald, mich mit der Historie meiner neuen Wahlheimat auseinanderzusetzen, besonders da, wo sie sich in Form von Denkmälern manifestiert.
Meine malerische Reise – beginnend mit der ‚Goldelse‘ (der goldenen Viktorienfigur auf der Siegessäule) und der Siegessäule selbst – führte mich zum Gendarmenmarkt mit seiner großartigen Architekturkulisse. Am Schinkelschen Konzerthaus beeindruckte mich der Statuenschmuck: In friedlichem Nebeneinander mit musizierenden Genien symbolisieren ein Panther und ein Löwe, dass „selbst wilde Tiere durch die Macht der Musik gezähmt werden“ (Bildhauer Tieck). Und natürlich stellten auch die vielen anderen über die Stadt verteilten Denkmäler eine Bereicherung für das o.a. Projekt dar.

Eine faszinierende Entdeckung waren die Standbilder der ehemaligen Siegesallee, die mich mehr als fünf Jahre malerisch in ihren Bann gezogen haben. Künstlerisch begleitend standen mir u.a. die Bücher „Die Beine der Hohenzollern“ von Helmut Caspar und im besonderen Maße „Der Kaiser und die Siegesallee – Réclame Royale“ von Dr. Uta Lehnert zur Seite; letzteres war ein überaus wichtiges Werk für die Arbeit an meinem Projekt.
Um die mitunter martialische Wucht der historischen Standbilder abzufedern, wählte ich eine eher ungewöhnliche Darstellung; d.h. ich malte überwiegend die Beine, kostümiert mit historisierender Beinkleidung und Schuhmode. Großes Vergnügen und eine überaus treibende Kraft!
Albrecht der Baer, der Askanier, ist die erste Statue, welche die ‚Siegesallee‘ in diesem Beine-Ballett anführt. Als einzige der Statuen ist sie nach Demontage und Vergrabung der Siegesallee-Denkmäler restauriert und öffentlich aufgestellt worden: Im Eingangsbereich der Renaissance-Zitadelle Spandau begrüßte der ‚Bär‘ die Besucher.
In der Zitadelle Spandau überwintern hunderte von Fledermäusen, und so bekam auch Albrecht/Batmann seinen malerischen Auftritt in diesem Beine-Ballett.

Heute hat Albrecht, zusammen mit allen erhaltenen Siegesallee-Statuen, im Denkmäler-Museum auf der Zitadelle Spandau endlich eine adäquate Heimat gefunden, wo des Kaisers letztes künstlerisches Vermächtnis an seine Stadt Berlin besichtigt werden kann. Und in meinem Atelier!


 

 

 

 

 

 

 

                         
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UNSERE GOLDELSE UND MEHR…

Berlins Denkmäler sind das Sedimentgestein der Geschichte; wer sie für sich entdecken kann, wird einen Weg finden einzutauchen in das Reich der Fantasie. Wie im alten Rom liegen die Ruinen bloß; sie warten nur darauf gelesen zu werden. Die einst gefeierten, dann oft verdammten, verachteten und manchmal auch heiß geliebten Monumente können zum Leben erweckt werden mit einem Zauberstab; Pinsel und Farben von Neugier und sinnlicher Sehnsucht geführt, vollbringen Wunder. Ohne Scheu nähert sich Ilka A. Lörke den steinernen und bronzenen Relikten und fragt sie nach ihrer Botschaft. Sie zaust sie und kost sie; sie nutzt ihre Aura als Rutschbahn in die Vergangenheit. Was sie dort erlebt, dringt mit ihren Bildern farbensatt und formenreich in die Gegenwart. Ohne Vorurteile wird die berühmte und auch berüchtigte Siegessäule mit ihrer Kanonenzier ins Visier genommen, zerlegt, neu zusammengefügt. Ilka A. Lörke hat keine Angst vor den stolzen und martialischen Gesten der glänzenden Viktorien und der marmornen Fürsten, den auf Panthern und Löwen reitenden Putten und auftrumpfenden Wahrzeichen wie dem Fernsehturm, diesem Künder eines untergegangenen Staates. Berlin reißt einem die Maske vom Gesicht, sagt die Malerin und erfindet sich neu, erobert sich die in reicher Schüttung dargebotenen Schichten einer geschichtssatten Stadt. Ilka A. Lörke lässt den Kunstfreund an ihren Entdeckungen teilhaben. Am Beginn einer geplanten Katalogreihe stehen sorgsam ausgewähnte Werke aus dem Zeitraum von 2008 bis 2010. Die mit beispielsweise 135 x 150, 150 x 70 oder 230 x 180 cm nicht kleinformatigen Arbeiten sind in einem emotionsgeladenen, sich teilweise über viele Monate hinziehenden Entwicklungsprozess entstanden. Die technische Grundlage sind Acrylfarben auf Leinwand, teils mit Pigmenten versetzt, geschichtet oder auch ausdrucksstark geschliffen. Der thematischen Tiefenschürfarbeit entspricht die vielgestaltige Tektonik des Farbauftrags.

Dr. Jörg Kuhn, Kunsthistoriker